Steht die Volksschule Gehülz-Ziegelerden vor dem Aus? – Aktionsgemeinschaft für den Erhalt der Schule
Aus zwei Zusammenkünften im Juli 2009 ging eine „Aktionsgemeinschaft für den Erhalt der Volksschule Gehülz-Ziegelerden“ hervor, die eine Unterschriftenaktion „Rettet unsere Schule!!!“ startete und – vertreten durch die Elternbeiratsvorsitzende Tanja Mitter – in einem Flyer zum Einsatz „für den Erhalt unseres Schulstandortes“ aufrief. Die Planung der Stadt Kronach, „mittelfristig alle Schüler in der Lucas-Cranach-Schule“ zusammenzufassen, widerspreche eindeutig der Schulpolitik des bayerischen Kultusministeriums, die sich für wohnortnahe Schulen ausspreche, heißt es in dem Flyer.
Bei der Aufzählung der „vielen Vorteile“, die „unsere Schule“ biete, wird auf die fortwährende Modernisierung des Gebäudes in den letzten Jahren und auf die mit viel Engagement der Eltern und Lehrkräfte realisierte Gestaltung der Innenflure im „Hundertwasser-Stil“ verwiesen. Die Schule stehe „bislang auf ‚eigenen’ Beinen“, denn ihre Schüler stammten ausnahmslos aus Gehülz und Ziegelerden. Angesprochen wird auch die Verbindung aus Schule und örtlichen Vereinen, die für eine starke Dorfgemeinschaft stehe. Auch stehe „unsere Schule“ für einen engen Kontakt von Eltern, Schülern und Lehrern, kurze Schulwege, hohes Engagement der Eltern, gute Bildung durch kleine Klassen, eine optimale Betreuung durch den benachbarten Kindergarten „und letztlich für die Attraktivität unseres Stadtteiles“. Die Ausstattung der Schule lässt laut Flyer keine Wünsche übrig (Musikraum mit Orff-Instrumenten, Handarbeitszimmer, Werkraum, Computerraum, Schulbühne, Brennofen für Töpferarbeiten). Unmittelbar an das Schulgebäude angeschlossen sei die 1977/78 errichtete und auch von örtlichen Vereinen rege genutzte Turnhalle.
Auch was die Schließung der Volksschule Gehülz-Ziegelerden zur Folge hätte, wird in dem Flyer aufgezeigt: Die Kinder müssten im Stadtgebiet eine „Mega-Schule“ mit übergroßen Klassen besuchen. Der Kindergarten müsste um seine Existenz fürchten, da u. a. die Hausaufgabenbetreuung entfallen würde. Die örtlichen Vereine könnten die Turnhalle nicht mehr nutzen. Letztlich drohe ein Vereinssterben, „wenn sich die Kinder in das Stadtgebiet orientieren bzw. keiner vernünftigen Freizeitbeschäftigung mehr nachgehen“ würden. Durch die erneute Schließung einer Schule auf dem Haßlacherberg würde dieser an Attraktivität verlieren. Zudem würden der Leerstand und Verfall des Gebäudes drohen.
Das Fazit des Flyers lautet: „Letztendlich dürften die Einsparungen für die Stadt durch die Schließung kaum derart ins Gewicht fallen, um all die positiven Aspekte zu verdrängen und die Schließung der Schule zu rechtfertigen. Die bei einer Schließung anfallenden Kosten für Gebäudeerhaltung und Schulweg dürften nicht wesentlich unter den normalen laufenden Erhaltungskosten der Schule liegen. Bitte unterstützen Sie deshalb den Erhalt der Stadtteilschulen!!“
Für den 15. September 2009, den ersten Schultag des Schuljahres 2009/10, luden Tanja Mitter und Michael Vogler für die Aktionsgemeinschaft zu einer „ersten Arbeitssitzung“ „zur Bündelung aller Kräfte“ ein. Die an der Teilnehmerzahl abzulesende Resonanz bei den eingeladenen Vereinen der Haßlacherbergkette blieb hinter den Erwartungen der Initiatoren deutlich zurück. Bei der Sitzung entschloss man sich dazu, als nächstes eine Veranstaltung mit der Elternschaft und den Haßlacherberg-Stadträten abzuhalten.
bg. / Veröffentlicht im September 2009
Im Oktober 2009 luden für die Aktionsgemeinschaft Markus Ebert, Tanja Mitter und Michael Vogler die Vereinsvertreter und Mitbürger zu zwei Terminen ein: zu einer Informationsveranstaltung in der Gehülzer Schule am 21. Oktober um 19 Uhr sowie zu einer Schulhausbegehung und Aussprache mit dem Kronacher Stadtrat am 23. Oktober um 15 Uhr.
Unterdessen berichtete am 16. Oktober 2009 die Neue Presse Kronach, dass den beiden Grundschulen in Gehülz und Neuses – also nicht nur einer von beiden – das Aus drohe. Die Kronacher Stadtverwaltung sei nach Prüfung aller Kriterien zu der Einschätzung gelangt, dass ab dem Schuljahr 2013/2014 „alle Grundschüler der Stadt Kronach in der dann sanierten Lucas-Cranach-Volksschule untergebracht“ werden sollten. In dem Artikel von Christian Kreuzer wurde eine Vorlage der Stadtverwaltung zitiert, in der die bei einer Schließung der Standorte Gehülz und Neuses zu erwartenden jährlichen Einsparungen auf 240.000 Euro beziffert gewesen seien.
Am 17. Oktober 2009 berichteten beide Kronacher Tageszeitungen über die Gründung der Aktionsgemeinschaft für den Erhalt der Volksschule Gehülz-Ziegelerden. Unter der Überschrift „Gehülzer wollen Schule behalten“ (Neue Presse) bzw. „Die Schulgemeinschaft kämpft“ (Fränkischer Tag) ließ Autor Karl-Heinz Hofmann auch die Schulleitung zu Wort kommen: „Natur, Kultur, Heimat und Sport sind tragende Säulen der Gemeinschaft zwischen Schülern, Lehrern und Eltern an der Volksschule Gehülz-Ziegelerden.“ Das erfolgreiche außerschulische Engagement der derzeit 88 Schulkinder wurde unter anderem mit der Erringung der oberfränkischen Schulschach-Meisterschaft 2008/2009 belegt.
Laut Lokalpresse vom 21. Oktober 2009 legte Bürgermeister Wolfgang Beiergrößlein Wert darauf, dass unabhängig von der Frage des Fortbestandes der Schulen in Gehülz und Neuses die dortigen Turnhallen in jedem Fall erhalten bleiben. Hierfür werde es sicher eine Mehrheit im Stadtrat geben.
Bei der Sitzung dieses Gremiums am 26. Oktober 2009 forderten rund 50 Eltern, Lehrer und Schüler aus Gehülz und Neuses den Erhalt der beiden Grundschulstandorte. Sie kritisierten die Schließungspläne der Stadtverwaltung als „Sparprogramm auf dem Rücken der Kinder“, berichtete die Neue Presse am Folgetag. Die von der Verwaltung nochmals überarbeiteten Zahlen, mit denen für die Schließung beider Grundschulen argumentiert wurde, zweifelten Eltern und Lehrer mehrfach an, hieß es im Fränkischen Tag. Eine endgültige Entscheidung des Stadtrats über das mögliche Aus für die Stadtteilschulen wurde für 16. November 2009 angekündigt.
Die Proteste von Eltern und Lehrern gegen die angedachten Schulschließungen in Gehülz und Neuses hätten Wirkung gezeigt, schrieb Christian Kreuzer in der Neuen Presse vom 7. November 2009. Zwar bleibe es bei der grundsätzlichen Absicht, ab dem Schuljahr 2013/2014 alle Grundschüler in der dann generalsanierten Lucas-Cranach-Schule in Kronach zu unterrichten, allerdings solle der Stadtrat im Herbst 2012 die Angelegenheit nochmals behandeln und prüfen, ob neue Aspekte für die Aufrechterhaltung einer der beiden Stadtteilschulen sprechen. Diesen Kompromiss, so die Neue Presse, habe Bürgermeister Wolfgang Beiergrößlein dem Stadtrat angeboten. Im Fränkischen Tag vom 7. November 2009 ging Alexander Löffler in diesem Zusammenhang auch auf die in den Stadtteilen laut gewordene Befürchtung ein, „die Schließung der Schulen könnte den Betrieb der Kindergärten beeinträchtigen, da diese die Hausaufgabenbetreuung übernehmen“. Diese Aufgabe werde langfristig nicht die Kindergartenstandorte gewährleisten können, zitierte der Fränkische Tag dazu aus der jüngsten Vorlage der Stadtverwaltung.
Der mit 14 zu 11 Stimmen gefasste Stadtratsbeschluss vom 16. November 2009 entsprach dem beschriebenen „Kompromissvorschlag“ des Ersten Bürgermeisters. „Eine Schule trifft es auf jeden Fall“, titelte am nächsten Tag die Neue Presse, während im Fränkischen Tag die Überschrift „Schultüren bleiben einen Spalt offen“ lautete.