Seit 35 Jahren im Dienst an der „Haßlacherberg-Heimat“
Generalversammlung 2022 des Heimatpflege-Vereins Gehülz/Seelach/Ziegelerden
Der gemeinnützige Heimatpflege-Verein Gehülz/Seelach/Ziegelerden blickte zurück auf die jüngsten drei seiner mittlerweile 35 Jahre im Dienste der Heimatkunde und Heimatpflege. Auch Neuwahlen und anstehende Aufgaben prägten die Generalversammlung im Gasthaus Messelberger in Gehülz-Entmannsdorf.
Nachdem seit der Versammlung 2019 zwölf Todesfälle zu beklagen und drei Neuanmeldungen zu begrüßen waren, bezifferte Vorsitzender Bernd Graf den aktuellen Mitgliederstand mit 155. Trotz coronabedingter Einschränkungen habe es keinen Stillstand in der Vereinsarbeit gegeben, berichtete Graf. Das Protokoll der letzten Versammlung verlas Ria Blinzler. Dem Kassierer Dr. Axel Rosenbauer, der einen detaillierten Kassenbericht erstattete, erteilte die Versammlung auf Antrag des Kassenprüfers Matthias Porzelt Entlastung.
Der Vorsitzende erinnerte an die archäologischen Untersuchungen im Rahmen des „Ehrenamtsprojekts Heunischenburg“. Dabei sei der Heimatpflege-Verein durch seinen Dritten Vorsitzenden Bernd Fischer und ein Team aktiver Mitglieder beteiligt gewesen. Fischer gab einen Überblick über die – wie er sagte – hochinteressante Forschungstätigkeit, bei der das nahezu dreitausendjährige Vorgeschichtsdenkmal „vor unserer Haustür“ so manchem noch vertrauter geworden sei.
In Bezug auf die im Gehülzer Schulgebäude angemieteten Räume gab Bernd Graf einen Überblick, wie weit beschlossene Projekte mittlerweile vorangetrieben werden konnten und welche Maßnahmen als nächstes anstehen. In angeschafften Archivkartons werde das im Vereinsbesitz befindliche Schriftgut der „Haßlacherberg-Heimat“ – nach Schwerpunktthemen geordnet – in mehreren Schränken aufbewahrt. Auch für die museale Darbietung bzw. dokumentarische Veranschaulichung einiger herausragender Themen der Lokalgeschichte gebe es ein Konzept. Unter anderem soll ein hausindustrieller Tappenmacher-Arbeitsplatz nachgestellt werden, wie er für Gehülz und Ziegelerden typisch war. Das Modell der Brander Höhe mit ihren Wasserversorgungshochbehältern, das bereits als Kulisse einer Heimatkrippe im Einsatz gewesen sei, soll als Aufhänger für die Thematisierung des einstigen Kampfes gegen die Wassernot dienen. Auch ein von der Stadt Kronach überlassenes Heunischenburg-Modell werde ausgestellt.
Ein weiteres Projekt betrifft die inhaltliche Gestaltung zweier Schautafeln und deren Errichtung in Gehülz. Diese sollen mittels einer Spezialkartographie und einiger Zusatzelemente Gehülz und seine Haßlacherberg-Nachbarschaft – also insbesondere auch Ziegelerden und Seelach – vor Augen führen. Die Tafeln verstehen sich als aktuelle Orientierungshilfe für Besucher und sollen zudem einige historische Zusammenhänge vermitteln, wie Vorsitzender Bernd Graf erläuterte. Für den Stadtteil Seelach habe man die beabsichtigte Erstellung von Infotafeln auf Eis gelegt, weil die neue Zweckbestimmung des dortigen Schulhauses ausschließlich für die Dorfgemeinschaft veränderte Prioritäten mit sich gebracht habe. Hierzu führte Stadtratsmitglied Dr. Ralf Völkl aus, dass sich bei der kleinen Dorferneuerung, die im Zusammenhang mit der Seelacher Schulhaussanierung vorgesehen sei, auch die Heimatpflege einbringen sollte.
Erinnert wurde an die Einweihung des Tappenmacher-Denkmals in Ziegelerden vor zehn Jahren. Nachdem wegen eines Garagenbaus die zugehörigen Schautafeln seit geraumer Zeit abgebaut sind, sollen das Tappenmacher-Denkmal und der kleine Vorplatz bald wieder ein vollständiges und würdiges Erscheinungsbild abgeben, wie Ausschussmitglied Reinhard Graf versicherte. Vorsitzender Bernd Graf regte an, ein kleines Schild mit dem Namen „Tappenmacher-Platz“ anzubringen. Die bescheidene Größe dieses Platzes passe symbolhaft gut zu der einstigen Tropfhaussiedlung, in deren kleinen Wohnhäusern die Menschen die ortstypischen Tappen fertigten, um ihr tägliches Brot zu verdienen.
Ein Versammlungsthema waren auch die Enkaustik-Gemälde im Treppenhaus des Gehülzer Schulgebäudes, in denen der als Maler mit Handprothesen bekannt gewordene Hubert Weber vor allem die Sagenwelt von Gehülz und Umgebung dargestellt habe. Der Vorsitzende appellierte, dass dieses erhaltenswerte örtliche Kulturerbe pfleglich behandelt und vor weiteren Schäden bewahrt werden müsse. Stadtratsmitglied Hans Simon erklärte, dass dieses Erfordernis den Verantwortlichen der Stadt bewusst sei.
Bernd Graf gab bekannt, dass er auf Bitten der katholischen Ortskirche eine Auflistung mit näheren Angaben zu den Kapellen und Kreuzen in den Gemarkungen Gehülz und Rotschreuth zusammengestellt habe. Für die ökumenischen Feiern an den Wegkapellen in Kestel und in Seelach habe der Verein – nach der coronabedingten Pausierung – heuer wieder die Organisation übernommen.
Der Vorsitzende teilte mit, dass der Internetauftritt „hasslacherberg.de“ nach Anlegung eines neuen Datenbanknutzers wieder aufrufbar sei. Neben der fünfbändigen Schriftenreihe sei diese Website des Vereins eine zeitlos gültige Quelle, die alles Wesentliche und Wissenswerte über das geschichtliche und kulturelle Erbe der „Haßlacherberg-Heimat“ bereithalte. Für 2023 wird – nach pandemiebedingter Unterbrechung – wieder ein Gehülzer Veranstaltungskalender erstellt und vom Heimatpflege-Verein herausgegeben.
Bei den Neuwahlen in ihren Ämtern bestätigt wurde die engere Vorstandschaft mit Erstem Vorsitzenden Bernd Graf, Zweitem Vorsitzenden Albert Wich, Drittem Vorsitzenden Bernd Fischer, Kassierer Dr. Axel Rosenbauer und Protokollführerin Ria Blinzler. Kassenprüfer sind weiterhin Karlheinz Deuerling und Matthias Porzelt. In den Vereinsausschuss wählte die Versammlung Harry Eberth, Reinhard Graf, Dr. Ralf Völkl, Marcel Rodzinski, Georg Ziegler, Helga Biesenecker, Armin Herbst, Herbert Schuhbäck und Christian Schmidt. Außerdem wurden folgende Fachbereichsbetreuer gewählt: Ortsgeschichte und Brauchtum Bernd Graf, Mundartpflege Hans Blinzler, Heunischenburg Bernd Fischer, Öffentlichkeitsarbeit mit Internet-Redaktion Bernd Graf, Internet-Administrator und Webmaster Michael Trebes, Fahnen- und Leuchtkreuz-Wart Günter Hugel.
Der Versammlung vorgestellt wurden das neue heimatkundliche Jahrbuch des Landkreises (Band 30/2022) und was darin aus örtlicher Sicht besonders interessiert:
► Vereinsfahnen als beeindruckende Geschichtszeugen. Unheilvolle NS-Herrschaft am Beispiel von Gehülz, Ziegelerden und der Arbeiterbewegung. Autor: Bernd Graf
► „Fernwirkung der Seelacher Höhe im Landschaftsbild“. Das „Heiligenholz“ prägt das Umfeld und steht unter Schutz. Der benachbarte, sagenumwobene Gießübel und seine Verbindung zum alten Gehülzer Hauptort Entmannsdorf. Autor: Bernd Graf
► Als Gemeindename nicht zugleich Ortsname. Diese Besonderheit galt für den Namen Gehülz bis 1978 und gilt für den Namen Marktrodach seit 1978. Autor: Bernd Graf
► Neueste Erkenntnisse zur Heunischenburg. Forschungen an der urnenfelderzeitlichen Abschnittsbefestigung bei Gehülz. Autoren: Philipp Schinkel, Julia Blumenröther, Alexander Süß
► Die Heunischenburg ist mein „Megiddo des Frankenwalds“ – Autorin dieses ganz besonderen Jahrbuchbeitrags ist Dr. Ulrike Schorn, die sich seit August 2020 mit ihrem Mann die Dekansstelle des Dekanats Kronach-Ludwigsstadt und die erste Pfarrstelle der evang. Kirchengemeinde Kronach teilt. Die Theologin ist auch Wissenschaftlerin in Biblischer Archäologie. Und sie schreibt: „Mit großer Freude stellte ich fest, dass die älteste steinerne Befestigungsanlage nördlich der Alpen [also die Heunischenburg] ausgerechnet in ‚unserem‘ Gemeindegebiet liegt.“
► Neben den fünf genannten Beiträgen ist noch zu erwähnen, dass die „Haßlacherberg-Heimat“ im neuen Heimatbuch des Landkreises z. B. auch vorkommt im Zusammenhang mit den Schulspeisungen um 1930, mit dem Brauchtum zu Johanni und mit dem fränkischen Mundartbegriff „Fregge“ bzw. „Freggela“. Thematisiert wird außerdem der Brauch des Todaustragens, der in der vorösterlichen Fastenzeit noch in Ziegelerden gepflegt wird.
Seitens der Heimatpflege wurde appelliert, die Enkaustik-Gemälde von Hubert Weber im Treppenhaus des Gehülzer Schulgebäudes pfleglich zu behandeln. Zu den dort abgebildeten Sagenmotiven gehört auch das, was man sich in früheren Zeiten unter der Heunischenburg und ihrer einstigen Funktion vorgestellt hatte: In den „Sagen von der Bürg“ diente die „Fliehburg“ als Zufluchtsstätte für Bewohner der Umgebung, deren Behausungen von feindlichen Horden in Brand gesteckt wurden. Foto: Bernd Graf